Haben Sie unseren Artikel über Kaffee verpasst? Hier können Sie ihn nachlesen!
Sie hassen Kaffee oder Ihr Magen verträgt ihn nicht? Vielleicht mögen Sie ihn, aber Sie werden schon nach einer Tasse zittrig?
Wie wäre es denn mit Tee?
Kaffees Erzrivale ist nach Wasser das beliebteste Getränk weltweit und in Regionen wie Asien ist er nach wie vor klarer Sieger. Tatsächlich ist Tee von Riad bis Wladiwostok über Istanbul, Isfahan oder Islamabad sozialer Kitt Nr. 1 und seine therapeutischen Eigenschaften werden seit Jahrtausenden gepriesen.
Auf anderen Kontinenten ist sein Status umstrittener. Für die Iren oder die Engländer gibt es nichts Besseres als eine „schöne Tasse Tee” – als Allheilmittel für Bauchschmerzen bis hin zu gebrochenem Herzen. Im Gegensatz dazu rühren ältere Franzosen das Zeug nicht mit der Kneifzange an, es sei denn, sie sind schwer krank. Und in den italienischen Provinzen ist es herausfordernd, eine anständige Tasse Tee zu finden.
Was hat es also mit Tee auf sich? Kann er es in Sachen Gesundheit und Langlebigkeit mit Kaffee aufnehmen? Oder beruht sein Ruf als Allheilmittel eher auf volkstümliche Überlieferung als auf harte Wissenschaft?
Bevor wir uns mit Tees möglichen gesundheitlichen Vorteilen befassen, sollten wir betonen, dass das Gesamtbild durch mehrere Faktoren unübersichtlich wird.
Zunächst einmal ist es eine Tatsache, dass die meisten Teesorten, egal ob sie als grüner, gelber, weißer, Oolong, Pu-Erh, Lapsang Souchong oder „normaler“ schwarzer Tee bezeichnet werden, vom gleichen Camellia-sinensis-Strauch stammen. Allerdings können geografische Herkunft, Blättermischung und Verarbeitung – z. B. durch Trocknen, Oxidieren oder Fermentieren – einen erheblichen Einfluss auf die Art, Menge und Bioverfügbarkeit potenzieller gesunder Inhaltsstoffe haben. Und dabei sind beliebte Zusätze wie (Ersatz-)Milchprodukte, Zitrone, Zucker oder Gewürze, die die Sache noch weiter trüben können, noch nicht einmal berücksichtigt.
Unabhängig von ihrer Farbe oder Verarbeitungsmethode sind die dominanten biochemischen Verbindungen in Tee jedoch (Poly)phenole. Diese kommen hauptsächlich in Form von Flavonoiden vor, die aufgrund der Verarbeitungsart, die wiederum das Farbspektrum beeinflusst, unterschiedlich verteilt sind. Während alle Teesorten Tannine enthalten – Schwarztee hat den höchsten Gehalt, kommen Catechine hauptsächlich in Grüntee und Pu-Erh-Tee vor, Teaghreline in Oolong-Tee und Thearubigine und Theaflavine in Oolong- und Schwarztee. Darüber hinaus enthält Tee geringere Mengen anderer Flavonoide wie Quercetin, Myricetin, Rutin und Kaempferol. Während all diese Polyphenole für unterschiedliche Grade an Bitterkeit und/oder Adstringenz in Ihrer Lieblingstasse Tee verantwortlich sind, besteht ihr Hauptbeitrag in ihren antioxidativen Eigenschaften, die dem Körper helfen, freie Radikale zu bekämpfen, die Alterung und Krankheiten fördern.
Polyamine wie Spermin und Spermidin sind eine weitere Klasse von gesunden Inhaltstoffen, die in Tee enthalten sind und die Zellwachstum und Proliferation sowie die allgemeine Zellgesundheit fördern. Hier ist es grüner Tee, der die Krone trägt, insbesondere wenn er zu Matcha-Pulver verarbeitet wird. In diesem Fall sind die Gesamtnährstoffwerte erheblich höher als in anderen Teesorten, da das ganze Blatt gemahlen und als Suspension zubereitet wird – anstelle des Standard-Aufgusses. Dazu gehört natürlich auch eine erhebliche Menge des umstrittenen „Star-Catechins” Epigallocatechingallat (EGCG), das u.a. für seine entzündungshemmende und gewichtsreduzierende Wirkung gefeiert wird, aber im Verdacht steht, bei hoher Dosierung –insbesondere über Nahrungsergänzungsmittel – Leber- und Nierenschäden zu verursachen.
Sollten Sie sich also einfach für normalen grünen Tee entscheiden?
Nun ja, es ist noch zu früh dies kategorisch zu behaupten. Bislang gab es nämlich mehr Forschung zu den Vorteilen von grünem Tee, basierend auf ostasiatischen Kohorten, die lokale Teesorten auf homogenere Weise zubereiten als in anderen Regionen der Welt. Die Forschung zu schwarzem Tee holt jedoch langsam auf, während die Forschung zu anderen Sorten noch in den Kinderschuhen steckt.
Unabhängig von seiner Farbe scheint Tee jedoch (bislang überwiegend) in Tierversuchen aufgrund seines hohen Phenolgehalts ein wichtiger Langlebigkeitsfaktor zu sein, da er möglicherweise die Zell- und Organismusalterung durch Autophagie, reduziertes „Inflammaging“ sowie die Modulation des Immunsystems und des Darmmikrobioms bekämpft.
Darüber hinaus haben Studien am Menschen gezeigt, dass die Stärken von grünem Tee in der Krebsprävention, der Gesundheit von Mund und Gehirn sowie der Blutzuckerregulierung liegen. Erste Ergebnisse für Schwarztee unterstreichen seine Bedeutung für die Herz- und Darmgesundheit sowie die Schlaganfallprävention.
Bedeutet das, dass man den ganzen Tag über Tee trinken sollte, um die größtmöglichen Vorteile zu erzielen?
Nun, wie Kaffee gilt auch Tee aufgrund seines Gehalts an Koffein, Theobromin und Theophyllin als psychoaktives Stimulans. Daher ist eine gewisse Vorsicht geboten. Tee enthält jedoch viel weniger des erstgenannten Stoffes, dafür aber mehr der beiden anderen Substanzen – was ihn für Personen, die empfindlich auf Koffein reagieren, attraktiver macht. Außerdem kann die im Tee enthaltene Aminosäure L-Theanin in gewissem Maße die Wirkung von Koffein ausgleichen, da sie für ihre entspannende Wirkung auf die Neurotransmitter im Gehirn bekannt ist – ohne Schläfrigkeit zu verursachen.
Dies könnte Tee zu einer besseren Wahl für Menschen machen, die eine mildere, aber stetigere Aufmerksamkeit- und Produktivitätssteigerung suchen. Aber genauso wie bei Kaffee sollten Sie (bei Empfindlichkeit) Ihren Konsum gegen Ende des Tages reduzieren, um einen erholsamen Schlaf nicht zu torpedieren!
Schließlich kommen wir zu der Millionenfrage: Ist Tee also gesünder als Kaffee?
Da ist sich die Wissenschaft noch uneinig über die jeweiligen Vorteile der beliebtesten Heißgetränke.
Der offensichtlichste Grund ist, dass sie schwer zu vergleichen sind. Da es nach wie vor kompliziert ist, die jeweiligen Vorteile verschiedener Teesorten gegenüberzustellen, ist es noch schwieriger, Tee (welchen Tee denn?) mit Kaffee zu vergleichen. Darüber hinaus machen Faktoren wie Menge, Geschlecht, Alter und allgemeiner Gesundheitszustand oder individuelle Biologie die Gestaltung längsschnittlicher Vergleichsstudien zu einer besonderen Herausforderung. Und als ob dies noch nicht genug wäre, erschweren lokale oder individuelle Zubereitungs- und Konsumgewohnheiten, ganz zu schweigen vom parallelen Konsum beider Getränke, das Unterfangen zusätzlich.
Daher raten wir Ihnen, abenteuerlustig zu sein und die kurz- und langfristigen Auswirkungen dieser beliebten Getränke selbst zu testen, aber vor allem auf Ihre Geschmacksknospen und die anderen Signale Ihres Körpers zu hören!
Und wenn Ihnen weder Tee noch Kaffee schmecken, könnten Sie mit einer anderen beliebten asiatischen Tradition experimentieren: dem Trinken einer schönen Tasse heißem Wasser...
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Quellen und weiterführende Literatur
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