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Glücksspanne: Jenseits von Lebensspanne und Gesundheitsspanne?

Entdecken Sie die beste Grundlage für wahre Longevity!

Dr. Gwen Bingle
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10.28.2025

Sie werden also 100 Jahre alt?

TOLL!

Sie werden 100 Jahre alt und bleiben dabei gesund?

JUHU!!

Sie werden 100 Jahre alt, bleiben dabei gesund und sind darüber hinaus glücklich?

UMWERFEND!!!

Moment mal: Könnte es sein, dass wir in der Longevity-Welt die Dinge auf den Kopf gestellt haben?

Jahrelang lag unser Fokus ja nur darauf, länger zu leben – ein lobenswertes Public-Health-Ziel, das aus einem vom Krieg zerrütteten Jahrhundert hervorging. Aber dann haben wir Folgendes bemerkt: „Wieso 100 Jahre alt werden, wenn man längst nicht mehr gesund ist?“

Wir sahen es ein, und so wurde die Gesundheitsspanne [englisch: Healthspan] geboren!

Und wie wir uns in den letzten paar Jahrzehnten aufgrund dieser Erkenntnis abgerackert haben… Wir haben nicht nur unsere Ernährung, unsere Fitnessroutinen und unseren Schlaf optimiert, sondern auch unseren Stress bewältigt. All dies in der Hoffnung, starke, bewegliche und energiegeladene Neunzigjährige zu werden.

Aber Lebensfreude? Im Ernst jetzt?... Ist das nicht zuviel verlangt?

Dr. Kerry Burnight, eine führende amerikanische Gerontologin, ist anderer Meinung. Tatsächlich möchte sie diese historische Entwicklung auf den Kopf stellen und sich auf die Glückspanne [Joyspan; ihr Begriff] als Grundlage für ein langes Leben fokussieren.

Nach jahrzehntelanger Forschung, sozialer Lobbyarbeit und Beratung mit älteren Patienten hatte die Ärztin tatsächlich genug von angstgetriebener Altersdiskriminierung und rabiatem Anti-Aging. Stattdessen beschloss sie, sich mit folgendem Dilemma zu befassen: Warum länger (und gesünder) leben, wenn das Leben nicht mehr lebenswert ist?

Wie wäre es also, wenn wir Glück als Katalysator der gesunden Langlebigkeit voranstellen würden?

Vielleicht rollen Sie jetzt mit den Augen und denken: „Da haben wir es wieder ... all dieses Geschwätz über positives Denken, das Streben nach Glück usw. Wie kann man fröhlich sein oder bleiben, wenn es beim Altern nur noch bergab geht?“

Nun würde Dr. Burnight Ihnen in mindestens zwei Punkten entschieden widersprechen, auch wenn sie bereitwillig zugibt, dass Altern herausfordernd ist.

Zunächst predigt Sie (für) eine nüchternere Definition von Glück. Burnight versteht Glück nicht als anhaltende ekstatische Freude, sondern als eine Form von tiefsitzender Zufriedenheit, die aus wahrer Lebensqualität stammt. Eine Zufriedenheit, die aktiv gepflegt werden kann, da sie weniger von äußeren Umständen als von persönlicher Einstellung, Selbstbewusstsein und Selbstarbeit abhängt.

Zweitens hat sich Burnight zum Ziel gesetzt, das beängstigende Image des Alterns zu ändern. In einem kürzlich geführten Interview hob sie einige der vielen Vorteile des Älterwerdens hervor:

„Erstens unsere Wertschätzung für Beziehungen, unsere Wertschätzung für Schönheit, Natur und Musik, unsere Fähigkeit, uns weniger darum zu sorgen, was andere über uns denken, unser Humor, die Tiefe unserer Spiritualität. Oftmals auch unsere Problemlösungs-Kompetenz als Ergebnis sowohl neurologischer Integration als auch gelebter Erfahrungen.“ (Your JOYSPAN mit Dr. Kerry Burnight, 2025)

Tatsächlich hat Dr. Burnight im Laufe ihrer Karriere und ihres Privatlebens zwei sehr unterschiedliche Grundeinstellungen zum Altern beobachtet. Diese könnte man – gewiss etwas klischeehaft – als „grantig“ versus „anmutig“ zusammenfassen. Personen, die in die grantige Kategorie fallen, finden es schwierig, mit dem Alter zurechtzukommen und sich weiterzuentwickeln, während diejenigen aus der anmutigen Gruppe das Alter gelassener nehmen und es sogar schaffen, aufzublühen – wie ihre 98-jährige Mutter Betty.

Aber sind „anmutige Ältere” einfach nur glücklich, weil sie mit besserer Gesundheit, komfortableren Lebensumständen und einer allgemein sonnigeren Lebenseinstellung gesegnet sind?

Jugendliche mit ihrer Großmutter schauen sich Content auf Handy an

Burnight behauptet, dass dies nicht zutrifft. Sie verrät sogar, dass ihre Mutter ursprünglich kein Vorbild fürs Altern war. Aber wie andere anmutige Ältere auch lernte sie, die vier gemeinsamen Nenner der Lebensfreude zu pflegen, die Burnight durch Forschung und eigene Erfahrung aufdeckte:

1. WACHSEN: Altern sollte nicht Entwicklungsstillstand bedeuten. Tatsächlich sind kontinuierliches Lernen und das Erkunden neuer Interessen entscheidend, um die Lebensfreude aufrechtzuerhalten.

2. VERBINDEN: Beziehungspflege ist für langfristiges Wohlbefinden unerlässlich. Achten Sie darauf, dass Sie mit zunehmendem Alter auch Freundschaften mit jüngeren Generationen schließen, da Ihre Gleichaltrigen sich möglicherweise vor Ihnen verabschieden könnten. Sie werden nicht nur von der geistigen und emotionalen Anregung profitieren, sondern Ihre Erfahrung kann für jüngere Freunde auch bereichernd sein.

3. SICH ANPASSEN: Das Leben ist grundsätzlich unvorhersehbar. Ob Sie nun mit Trauer, gesundheitlichen Problemen oder anderen Herausforderungen zu kämpfen haben, müssen Sie Wege finden, um Veränderungen zu verarbeiten und damit umzugehen. Um Hilfe zu bitten, kann zum Beispiel ein guter erster Schritt sein.

4. GEBEN: Geben Sie von sich selbst! Ob es nun Ihre Zeit, Ihre Energie oder Ihre Fähigkeiten sind, es gibt bestimmt jemanden in Ihrem Umfeld, der dies gut gebrauchen könnte. Selbst etwas so Grundlegendes wie aktives Zuhören kann schon sehr wertvoll sein. Und auch Sie werden von diesem Austausch profitieren.

Wenn Sie also mal wieder feststellen, dass die Sorge um Ihre Gesundheitsspanne überhandnimmt, könnten Sie vielleicht auch in Ihre Glücksspanne investieren? Denn das wird nicht nur später einen großen Unterschied machen, sondern könnte schon jetzt Ihre Lebensqualität erheblich steigern!

++++

Quellen und weiterführende Literatur/Hörmaterial

Burnight, Kerry. Joyspan: The Art and Science of Thriving in Life’s Second Half. Nashville: Hachette/Worthy Books, 2025.

“Your JOYSPAN with Dr Kerry Burnight”. The Aging Project with Shelley Craft. 03.08.2025. Online Interview: https://www.youtube.com/watch?v=0pBQFNHLk9E

Abbildungen

epiAge

Andrea Piacquadio/ pexels

 

BEITRAG VON
Dr. Gwen Bingle
epiAge Deutschland Content & Customer Relations
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