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Epigenetik – Mischen Sie endlich mit!

Aber was kann ich denn tun?

Dr. Gwen Bingle
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1.29.2022

Die Fernbedienung wieder in die Hand nehmen

Wie würde es sich anfühlen, wenn Sie plötzlich die Macht hätten, Ihre Gesundheitsgeschichte mitzuschreiben und den Verlauf Ihres „Alterungsdrehbuchs“ zu ändern? Wie wäre es, wenn Sie die Fernbedienung wieder an sich reißen und diesen elend passiven Darsteller aus Ihrem Lebensfilm ausschneiden könnten, um ihn durch einen charismatischen Schauspieler zu ersetzen, der Ihnen den Glanz verleiht, den Sie verdienen?

Die Fernbedienung wieder in die Hand zu nehmen, um eine neue Geschichte zu verfassen, war eine der vielen inspirierenden Metaphern, denen sich Prof. Moshe Szyf, der wissenschaftliche Entwickler des epiAge-Tests, in einem TEDx-Vortrag vor einigen Jahren bediente. Hiermit wollte er auf das Potenzial jedes Individuums deuten, sein genetisches Schicksal zu beeinflussen. Im Verlauf seines Vortrags skizzierte Szyf das Zusammenspiel zwischen dem uralten genetischen Code in unseren Zellen und der hochdynamischen, interaktiven Funktion, die in der epigenetischen Regulation verkörpert ist. Während die DNA sich über Generationen hinweg durch die Einwirkung wechselnder Umgebungen sowie anderer Umweltfaktoren extrem langsam verändert, ermöglicht das empfindliche epigenetische Schaltsystem eine vergleichsweise schnelle Anpassung an neue Gegebenheiten.  

Die Anlage-Umwelt-Debatte

„Nature versus nurture“, wie die Debatte im englischsprachigen Raum heißt, wütet nicht nur zwischen Biologie und etwa Soziologie oder Psychologie, sondern ist auch in den Spannungsbogen zwischen Genetik und Epigenetik widerspiegelt. Mit der Entdeckung und der allmählichen Entschlüsselung unserer DNA wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts eine sehr deterministische Sicht auf unsere Evolution geprägt –sei sie kollektiv oder persönlich. Es wurde viel über die Entdeckung "des" Krebs-, Fettleibigkeits-, Sucht- und sogar des/der Schwulen-Gen(e) berichtet. So wurden essentialistische biochemische Sichtweisen auf scheinbar vererbte körperliche oder geistige Merkmale genährt – Perspektiven, die in ihrer Extremform unbequem nah an die von viel älteren eugenischen Theorien sind, aber immer noch in einigen Strängen des zeitgenössischen genetischen Diskurses zu finden sind – und insbesondere in deren Popularisierung durch die Medien. Zwar ist die genetische "Schuldzuweisung" für die Entstehung einer Autoimmunerkrankung oder das Auftreten von maladaptivem Verhalten bzw. die Suche nach wirksamen DNA-basierten Therapien ethisch sicherlich weit entfernt von der eugenisch geprägten Ausgrenzung von Individuen oder Gruppen nach ideologischen Kriterien. Für Laien erweist sich dennoch eine rein genetisch-deterministische Sichtweise auf die Gesundheit als eher entmachtend, da sie sehr wenig Spielraum für die persönliche Handlungsfähigkeit bzw. Einflussnahme zulässt.  

Im krassen Gegensatz dazu bekräftigt Szyf gegen Ende seines TEDx-Vortrags ermutigend, dass: "[...] trotz der deterministischen Natur der Genetik haben Sie die Kontrolle über die Art und Weise, wie Ihre Gene aussehen. [...] Auch wenn wir von unseren Genen bestimmt werden, haben wir ein gewisses Maß an Freiheit, das unser Leben zu einem Leben in Verantwortung machen kann." Diese mitreißende Aussage folgt der Beschreibung von Experimenten, die an Ratten und Affen durchgeführt wurden – etwa die Pflege von Jungen durch zugeneigte versus distanzierte Mütter oder die absichtliche Kultivierung von Drogensucht – sowie eine Beobachtungsstudie an menschlichen Probanden, die widrigen Umweltbedingungen ausgesetzt waren. Szyf und seine epigenetisch arbeitenden Kollegen konnten dadurch zeigen, dass "Umwelt/Nurture" in weitaus größerem Maße als "Anlage/Nature" (bzw. Genetik) Gesundheit und Wohlbefinden in all ihren Facetten entscheidend prägt, während Stress im Umkehrschluss diese negativ beeinflussen kann. In der Tat wirken sich sowohl positive als auch negative Umwelten direkt auf die Methylierung oder epigenetische Markierung bestimmter Gene aus und kontrollieren so deren Expression. Dieser Mechanismus lässt sich jedoch zu einem großen Teil abschwächen oder sogar umkehren, indem man sein Umfeld und/oder seine persönlichen Gewohnheiten verändert – wie es durch epigenetisches Monitoring, z.B. mit dem epiAge-Test, wiederholt bewiesen wurde.

Mischen Sie endlich mit!

Das sind also beeindruckende Neuigkeiten, nicht wahr? Aber vielleicht fühlen Sie sich immer noch entmutigt und fragen sich verunsichert: „Na, und was soll ich denn jetzt tun?“ oder „Mache ich wirklich das Richtige?". Nun stellt sich heraus, dass Sie tatsächlich eine ganze Menge tun können, um Ihr Alterungs-Skript positiv zu beeinflussen oder sogar ein neue Gesundheitsgeschichte zu verfassen. Die folgende Blog-Miniserie wird einen ganzheitlichen Blick auf die Strategien werfen, mit denen Sie sich die Fernbedienung Ihres Lebens zurückholen können. Über das hoffentlich selbstverständliche Streben nach Gesundheitswissen, Risikovermeidung und guter Hygiene hinaus werden wir sechs zentrale Säulen der Anti-Aging-Pflege bzw. Selbstfürsorge untersuchen, die Sie konkret ergreifen und in Ihrem täglichen Leben Schritt für Schritt umsetzen können:

1. Richtig essen

2. Mehr bewegen

3. Schönheitsschlaf

4. Weg mit dem Stress!

5. Klug supplementieren

6. Erfolgsmonitoring

Nachweise

Epigenetics - our bodies' way to change the destinywritten in our DNA | Moshe Szyf | TEDxBratislava: https://www.youtube.com/watch?v=SrqmuYvk3iQ (letzterZugang: 28.05.2021)

Dar-NimrodI, Heine SJ. Genetic essentialism: on the deceptive determinism ofDNA. Psychol Bull. 2011 Sep;137(5):800-18. doi: 10.1037/a0021860. PMID:21142350; PMCID: PMC3394457. Hier zugänglich: https://www2.psych.ubc.ca/~heine/docs/geneticessentialism.pdf (letzter Zugang: 28.05.2021)

Plomin, Robert, (2018), Blueprint:How DNA Makes Us Who We Are, Cambridge, MA: MIT Press.

Joseph, Jay, A ‘Blueprint’ for Genetic Determinism, Madin America: Science, Psychiatry and Social Justice, Sept. 3, 2019: https://www.madinamerica.com/2019/09/blueprint-genetic-determinism/ (letzterZugang: 28.05.2021)

Auf der Spurder epigenetischen Uhr: vom biologischen Schicksal zur selbstgesteuerten Wahl: https://www.epi-age.de/info (letzter Zugang: 28.05.2021)

The seven pillars of self-care, International SelfCare Foundation: https://isfglobal.org/practise-self-care/the-seven-pillars-of-self-care/ (letzter Zugang: 28.05.2021)

Detmedisinske fakultet - Universitetet i Oslo, Epigenetics: Nature vs nurture: https://www.youtube.com/watch?v=k50yMwEOWGU (last accessed 29.01.2022)

Picture: © Michelle Leman Kostenloses Foto zum Thema: allein, athlet, ausbildung (pexels.com) (accessed 21.01.2022)

BEITRAG VON
Dr. Gwen Bingle
epiAge Deutschland Content & Customer Relations
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